OK Go

Album: OK Go – „Of The Blue Colour Of The Sky“

VÖ: 22.10.2010

Single: „White Knuckles“

VÖ: 01.10.2010

Label: Paracadute

Vertrieb: ADA

Okay, klären wir zunächst einmal Folgendes: Die meisten Menschen kennen OK Go von ihren Videoclips, speziell dem mit den Laufbändern. Jedes Video, das bekannt genug ist, um in den Simpsons parodiert zu werden, ist an und für sich schon ein kulturelles Pfund, und wo ich mir gerade die YouTube-Ratings anschaue, während ich dies hier schreibe, kann ich mit Entzücken feststellen, dass die Zahl der bisherigen Besucher der Band in diesem Moment bei 47.788.229 steht. Das ist eine Menge. Mit dieser Anzahl Menschen und einem Bruder, der Gouverneur von Florida ist, hat man beste Chancen, eine Präsidentenwahl zu gewinnen. Nimmt man noch die zig Millionen hinzu, die das Video irgendwo anders gesehen haben, kann man glatt auch auf den Bruder verzichten.

 

Wenn Du dies hier lesen solltest, wirst Du vielleicht auch das Video gesehen haben. Was ich allerdings noch liebenswerter finde, sind all die Tanzeilagen zu dem Video „A Million Ways“, die Hunderte von Amateuren in Vierergruppen veranstalteten – Kinder und Erwachsene, Glaubensgemeinschaften und Schulklassen – und damit sicherlich den weltweit ersten internationalen YouTube-Tanzwettbewerb initiiert haben. Wenn Du selbst noch nicht das Vergnügen hattest, schau einmal bei Google nach und rechne damit, zwei Stunden Deines Lebens zu verschenken.

 

Aber ich mache das hier, um zu sagen, dass OK Go weit mehr sind als ein Videophänomen. Damian Kulash, der Frontmann der Band, versteigt sich manchmal zu Erklärungen wie „Wir versuchen eine Do-It-Yourself-Band in einer Post-Major-Label-Welt zu sein“ oder „Unser ganzes Interesse gilt guten Ideen und daraus heißen Scheiß zu fabrizieren“.

Mich überzeugt so etwas.

 

Einiges von dem coolen Zeug, mit dem sie zuletzt aufwarteten: eine ausschließlich von Posaunen begleitete Schallplatte, ein Theaterstück, ein Essay in dem Anthologie-Bestseller Things I’ve Learned From Women Who Dumped Me, Kolumnen in der New York Times und der Huffington Post. Sie haben vor dem Kongress ausgesagt und in der Senatskammer gespielt. Ich wiederhole: Sie konzertierten in der Senatskammer der Vereinigten Staaten. Sie arbeiteten als Kommentatoren in All Things Considered. Sie unterhalten ein Projekt, bei dem sie mit Fans durch die Straßen ziehen und Burritos an Obdachlose verteilen. Sie haben zudem einen Riesenbatzen Geld gesammelt, um der Soullegende Al Johnson ein Haus zu finanzieren, damit er nach dem Hurrikan Katrina wieder in seine Heimatstadt New Orleans ziehen konnte.

 

All diese außerplanmäßigen Aktivitäten machen schon eine tolle Story, aber es ist diese Geschichte hier, die es bis ins Wall Street Journal und in die USA Today brachte: OK Go ist die vielseitige Band, die mit lediglich fünf Dollar und einem Camcorder etwas fertig gebracht hat, was keinem der riesigen Plattenlabels gelang, und zwar neue Wege für Bands zu finden, um Fans zu erreichen, und hat somit eine neue Sichtweise auf das heutige Verhältnis von Musik und Internet gefördert. Tolle Geschichte, die jedoch einen ganz wichtigen Faktor übersieht: die Musik der Band. Was OK Go so großartig macht, ist, dass sie großartige Musik schreiben und spielen.

Mit ihrer neuen Platte erinnern sie uns überdeutlich daran. Of The Blue Colour Of The Sky ist auf abenteuerliche und nachhaltige Art und Weise musikalisch: verschachtelt, voller Gefühle und vollkommen selbstsicher, auch wenn sie ganz neues musikalisches Terrain betreten. Die Ohrwurmqualitäten ihrer frühen Songs sind immer noch da, aber die Handschrift ist entschieden fokussierter und trittsicherer, der Gitarrensound vielschichtiger und weitläufiger.

 

Das Album ist nach einem Buch von 1876 über die heilende Kraft von blauem Licht benannt (Ist es nötig zu betonen, dass blaues Licht über eine solche Kraft nicht verfügt?) und die Texte handeln meist von tapferen Versuchen, Hoffnung angesichts hoffnungsloser Situationen zu hegen. Das gibt dem Ganzen fantastischen Schwung und ist zugleich ziemlich traurig. Die letzte Songzeile des Albums bringt es auf den Punkt: „Every day is the same, we’re praying for rain“.

 

Abgesehen davon ist dies in erster Linie eine Tanzplatte. Also deutlich mehr Prince als Leonard Cohen. Offensichtlich sind im Privatleben der Burschen einige traurige Dinge passiert – vielleicht begünstigt von ihren unglaublichen 31 Monaten, die sie, fern von den Lieben daheim, ständig auf Achse waren. Das findet seinen Ausdruck in ansteckenden Melodien und einem Sinn für den richtigen Rhythmus, den ich nur als einfühlsamer denn je beschreiben kann. Und die Songtexte wirken fröhlich oder zumindest um alles in der Welt darum bemüht, je nachdem, wie man gerade drauf ist. Die goldene Regel der Popmusik, die besagt, dass großartige Scheiben aus Herzkummer entstehen, scheint hier in höchstem Maße zuzutreffen. „Can‘t you love me?“, singt Damian mit kummervollem Ton in den enthüllenden Momenten des Albums, und selbst die temporeichen Songs handeln vom Kollaps der Liebe. „I’ve been trying to get my head around what the fuck is happening?“, geht die einprägsame Zeile der Single „WTF?“ – und weiter, „I’m trying to make some sense out of what you’re doing with my head“.

 

Ich habe mir das Album einige Wochen lang wie besessen angehört – und mein Lieblingssong – also der der zuletzt im Kopf hängen geblieben ist – wechselte immer wieder, was an sich ja richtig gut ist. Derzeit ist es „Back From Kathmandu“. Ich finde es einfach klasse, wie kraftvoll, breitbrüstig und stoisch hier zu Werke gegangen wird, mit einer sehnsuchtsschwangeren Popmelodie, locker aus dem Ärmel geschüttelten Gitarrenriffs über dem so lauten wie langsamen Beat. Das perfekte Himmelhoch-jauchzend-zu-Tode-betrübt-Gefühl. Verträumte Strophen münden hier in ungestüm polternde Refrains über die Kraft der Liebe. Was kann man sich mehr von einem Popsong wünschen?

 

Das hier soll eine Biographie werden, deswegen hier einmal ein paar Fakten zu OK Go: Damian Kulash (Gesang, Gitarre) und Tim Nordwind (Bass) trafen sich in einem Ferienlager, als sie elf Jahre alt waren, und gründeten prompt eine Band, die sie The Grease Ferrets nannten, deren Schlagzeug aus ein paar Klappstühlen bestand. Sie behaupten, dass sie sich an keinen der Songs erinnern, die sie damals schrieben. Dieses „Behaupten“ ist hier das Schlüsselwort. Sie trafen Dan Konopka (Schlagzeug) am College, aber gründeten OK Go schließlich erst 1999, auch wenn sie die ganze Zeit schon überzeugt waren, dass sie zusammen in einer Band sein würden. Das muss man sich mal vorstellen. Andy Ross (Gitarre, Keyboards) schloss sich der Band 2005 an, nachdem er sie durch Studienkollegen kennen gelernt hatte.

 

Vor ein paar Jahren spielten OK Go während ein paar Live-Shows, die von unserem Radioprogramm This American Life landesweit auf die Bühne gebracht wurden. Sie gebärdeten sich dabei wie wild. Wir zogen riesige Zuschauermengen und Menschen jeglichen Alters an – von Highschool Kids bis hin zu Rentnern – und alle waren von ihnen schlichtweg begeistert. Die Band überzeugte das Publikum mit ihrer überschwänglichen Mixtur aus Spaß und Freude, Jugendlichkeit und Rock’n’Roll. Sie war auf eine gewisse Weise sexy, was einerseits die reine Unschuld ausstrahlte, andererseits einer verzückten Freundin backstage den Satz entlockte: „Die möchte ich am liebsten alle vier vernaschen.“

 

Wenn man sich ihr Publikum in diesen Tagen anschaut, hat sich an solchen Reaktionen nicht viel geändert. Sie haben ihr Ding durchgezogen – richtig heißen Scheiß zu machen – und dank ihrer Videos hat sich der Wirbel um sie weltweit verbreitet. Aber lasst Euch davon nicht ablenken, das Beste an OK Go ist und bleibt ihre Musik.

 

www.okgo.net

www.myspace.com/okgo

 

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