„Ein jeder Klang aus voller Seele ist eine wirkungsvolle Tat“ – Lorenz Kellner
Bê Ignacio schöpft auf ihrer neuen Single Amazônia tiefer und eindringlich-anmutiger denn je aus ihrer Seele. Die deutsch-brasilianische Sängerin, Komponistin und Aktivistin, setzt mit Amazônia mutig-angstfrei ein feines Zeichen fürs herzerreichende Miteinander zwischen Mensch und Natur. Natürlich reiht sich die Frau mit der atemstockenden Lebensgeschichte nicht in den allgegenwärtigen, brülllauten Chor des Gegeneinanders unserer Zeit ein. Dafür ist ihr die Verletzbarkeit allen Lebens seit ihrer Kindheit viel zu gegenwärtig. Viel lieber nimmt sie ihre Zuhörerinnen und Zuhörer anlässlich einer berauschenden und seelenheilenden Entdeckungsreise zu den Schönheiten der Natur und des menschlichen Geistes an die Hand.
Amazônia erzählt bar jeglicher Romantisierungen von den blutigen Merkmalen des Jetzt. Es brennt überall in Europa, in Australien, in Nordamerika und legitimiert von präsidialer Doktrin im Amazonas. Die „Grüne Lunge“ der Erde steht vor dem Kollaps, Vernunfthandeln wird religiösem Fanatismus und den schweren Persönlichkeitsstörungen des Autokraten Jair Bolsonaro geopfert. Es brennt jedoch auch in den Herzen und Kehlen der vielen Millionen Menschen rund um den Globus, die sich dem sozialpolitischen Rückschritt in veraltete Schwarz-Weiß-Denkmuster und dem beinahe nicht mehr umkehrbaren Raubbau an der Natur widersetzen.
Bê Ignacio leiht mit Amazônia all jenen, die das Leben in all seiner Vielfalt lieben und fortsetzen wollen, ihre seelenwärmend-aufrüttelnde Stimme. „Die Notwendigkeit zum Komponieren von Amazônia begann vor vier Jahren, als Jair Bolsonaro die letzte Wahl in Brasilien gewann. Ich konnte nicht verstehen, dass jemandem, der unsere Ureinwohner und den Amazonas-Urwald so verachtet und vernichtet, Präsident wird“, erklärt Bê Ignacio die Entstehungsgeschichte von Amazônia. „Ich kannte die Berichte aus den Amazonasgebieten von einigen meiner Schulfreundinnen, die in NGOs für den Erhalt der Natur und für die Verbesserung der Lebensbedingungen der Indigenen kämpfen aus erster Hand.“
„Im September 2019 lernte ich die indigene Aktivistin und Anwältin Vandria Borari aus dem Dorf Alter do Chao im Amazonasgebiet in Deutschland kennen“, führt sie weiter aus. „Ich fühlte mich sofort sehr mit ihr verbunden. Zusammen mit Gleichgesinnten gründeten wir die Initiative ProAmazonia Konstanz e.V., und überzeugten die Stadt Konstanz, eine Klimapartnerschaft mit dem Volk der Borari zu unterzeichnen, die wir als Verein mit Inhalten und Projekten füllen: Landüberwachung, Rechtsbeihilfe, internationale Aufmerksamkeit, identitätsstiftende Maßnahmen wie den Bau von Gemeindezentren und ‚Corona Pakete‘. ‚Amazônia ist hier – und überall‘, der Refrain des Songs, ist das Bild dafür, dass die Zusammenhänge und die Gründe für die Zerstörung aber eben nicht allein in Brasilien liegen – sondern letztendlich auf der ganzen Welt, auch vor der eigenen Haustür.“
Die Musik spielt dazu beinahe programmatisch, aber nicht minder vitalisierend zweigleisig. Einem schnell geschlagenen Beat, dessen erdiger Klangcharakter an eine Marimba erinnert, wird von den Saiteninstrumenten eines Streicherensembles atemberaubend kontrastiert. Hier die Erde, da der Himmel – das Amazônia-Soundspektrum wird von Harmonie zu Harmonie größer, breiter, globaler, klassischer. Zwischen den Polen Himmel und Erde erhebt Bê Ignacio ihre unmittelbar umarmende, tröstende, aber auch wachrüttelnde Stimme:
alle atmen, aber die Luft geht aus
wer Bäume tötet, tötet uns – als ob der Verstand schon tot sei.
der Alarm (der Wecker) schlägt schon lange, und die ganze Welt ignoriert es
es ist doch so: wer nichts dagegen sagt, ist einverstanden und mitschuldig
Die gezupften Saiten einer Akustikgitarre führen schließlich in jenen Refrain, der die verletzbare Schönheit des Lebens stolz und behütend auf den Schultern trägt.